Die gebürtige Vorarlbergerin Katharina Fitz lebt seit 2008 in Berlin, wo sie sich als Fotografin hauptsächlich mit stadtsoziologischen und sozialen Themen beschäftigt. Ein Beispiel ist ihre Fotoserie "Urban Gardening Patchwork", die auf Festivals weltweit Beachtung fand.
Sie sind in Dornbirn aufgewachsen und haben in Barcelona studiert. Was macht Berlin für Sie als Stadt interessant?
Im Vergleich zu Barcelona ist Berlin eine freie Insel mit vielen Kontrasten. Es ist eine Stadt, in der man sich ausprobieren kann, da sie noch nicht vollendet ist und viel Spielraum für innovative Projekte bietet. Gegenüber anderen europäischen Hauptstädten ist die Stadt noch relativ preisgünstig und ermöglicht gerade kreativ arbeitenden Menschen, ihrem künstlerischen Schaffen nachzugehen.
Was ist neu in der Stadt, das Sie entdeckt und vielleicht auch im Rahmen Ihres persönlichen Blogs festgehalten haben?
Das Funkhaus Berlin ist ein einzigartiger Ort für Kunstschaffende in Berlin. Seit 2012 haben sich mehr als 150 Künstler in dem historischen Gebäude angesiedelt, in dem von 1956 bis 1990 der Rundfunk der DDR seinen Sitz hatte. Viele Künstler des bekannten Kunsthauses Tacheles sind nach dessen Räumung in das Funkhaus Berlin umgesiedelt. Es werden Führungen durch das Haus angeboten.
Unter dem Überbegriff "Street Photography" zeigen Sie Europas Straßen durch Ihre Augen. Was beobachten Sie auf den Straßen Berlins? Was ist Trend?
Ein Comeback der 90er, Vintage, karrierte Hemden und natürlich Hornbrillen plus Oberlippenschnauz. Alles, was ein Hipster braucht. An Berlin finde ich gut, dass in der Stadt modisch alles erlaubt und Auffallen schwierig geworden ist. Das erzeugt ein erfrischendes Freiheitsgefühl.
Ihre Fotoserie "Urban Gardening Patchwork" war Teil des Noorderlicht Festivals in den Niederlanden und ist soeben auf dem Singapore International Photography Festival vertreten. Was sind Berlins wichtigste Anlaufstellen für Fotokunst?
Das C/O Berlin ist der wichtigste Ausstellungsort der Stadt für Fotografie. Es befindet sich nach langem Umzug neu im Amerika Haus in Berlin-Charlottenburg. Im Willy-Brandt-Haus (Wilhelmstraße 140) sind auch des Öfteren interessante Fotoausstellungen zu verschiedenen, politischen Themen zu sehen, wie etwa die sehr beeindruckende Ausstellung „Puro Pueblo“ anlässlich des 40. Jahrestages des Militärputsches in Chile.
Welche Galerien liegen Ihnen am Herz? Wo hat Sie zuletzt eine Vernissage begeistert?
Wenn es um Fotokunst geht, ist die Galerie Camera Work in Charlottenburg sehr bedeutend. Weiters in Betracht zu ziehen, ist die Robert Morat-Galerie (Kleine Hamburger Straße 2). Eine kleine, aber doch sehr aktive Galerie, die mir am Herzen liegt, ist die Produzentengalerie Exp12 (Exposure12, Greifswalderstraße 217). Sie fördert den Austausch verschiedener fotografischer Positionen.
Mit "Wir sind Neukölln" dokumentierten Sie den Wandel eines Problembezirks zum angesagtesten Stadtteil Berlins. Wo siedelt sich die Kreativszene derzeit an?
Die Kreativszene siedelt sich seit etwa fünf Jahren sehr intensiv im Norden Neuköllns an. Coworking-Plätze sprießen wie Pilze aus dem Boden, es gibt sehr viele Projekträume, Modedesigner, Vintageläden, kleine Produzentengalerien. Wedding ist durchaus auch ein Ort, an dem sich in den nächsten Jahren viel bewegen könnte, da in Wedding die Mieten noch relativ stabil sind. Vielfach hört man, dass Wedding der neue Szenebezirk werden könnte, viel davon mitbekommen habe ich persönlich jedoch noch nicht.
Wo treffen Sie Künstlerfreunde zum gemütlichen Abendessen und Gedankenaustausch?
Die perfekte Atmosphäre erlebt man im Gastón Ecke Weichselstraße/Weserstraße. Hier kann man in die spanische Kultur eintauchen, gute Tapas essen und Urlaubsgefühle entfalten. Für den etwas knapperen Geldbeutel kann ich den Sudanesen Sahara am Reuterplatz empfehlen. Seine spezielle Erdnusssoße zur Falafel zieht viele Neuköllner an.
Nach dem Essen: Was hat das Nachtleben Berlins zu bieten?
Berlin ist durchaus eine Stadt, in der man täglich Party machen kann. Als Bargängerin bewege ich mich dabei meist in Nordneukölln. Ein typischer Berliner Samstagabend könnte so aussehen: Zunächst ein kurzer Abstecher ins Schilling, das eine gute Mischung aus Kneipe und Bar ist und wo sich verschiedene Altersklassen mischen. Danach geht's ins Nathanja & Heinrich (Weichselstraße 44), einer Bar mit exzellentem Bier aus der Region, authentischer Atmosphäre und passender Musik.
Ihre Arbeit "Dornbirn Houses" zeigt Häuser in Dornbirn, die als Aushängeschild und Statussymbol innerhalb der Nachbarschaft fungieren. Wo ist die Architektur Berlins für Sie fotografisch interessant?
Fotografisch und historisch gesehen ist für mich die Gegend um den Alexanderplatz die reizvollste. An jeder Ecke sind Spuren der Vergangenheit und der Gegenwart zu finden. Auf der einen Seite befinden sich Plattenbauten, auf der anderen beginnt die historische Mitte Berlins. Bestimmt gibt es schönere, europäische Hauptstädte, doch genau dieser Kontrast ist es, der Berlin für mich als Fotografin so attraktiv macht. Die Stadt ist keine typische Postkartenmetropole, was fotografisch und persönlich großen Reiz und Spannung erzeugt.
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