Insider Bremen: Claudia Schreiber

Claudia Schreiber war früher Betriebswirtin und Wirtschaftsjuristin – dann kam der große Karrierewechsel zur Seifensiederin und Naturkosmetikherstellerin. Aufgewachsen als Küstenkind in Bremerhaven ist sie 2008 der Liebe wegen ins benachbarte Bremen gekommen – und geblieben. 2018 eröffnete sie Martha’s Corner, eine nach ihrer Katze benannten Seifenmanufaktur, die Naturseife und Pflege ohne Firlefanz herstellt. Uns berichtet sie von interessanten neuen Projekten in Bremen. Sie gibt uns ihre Shop-, Restaurant- und Wellness-Empfehlungen und verrät welches Viertel gerade besonders spannend ist.

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Claudia Schreibers Bremen-Guide

Was gibt es Neues im Stadtzentrum von Bremen?

Bremen lässt sich mit dem „Aktionsprogramm Innenstadt“ gerade sehr viel einfallen, um die Aufenthaltsqualität im historischen Stadtkern zu erhöhen. Durch Programme des Senats entstehen hier gerade tolle Projekte, zum Beispiel das ekofair, ein nachhaltiges Kaufhaus. Da vereinen sich überwiegend regionale Hersteller unter einem Dach. Interessante Ideen, eine bunte Mischung von Anbietern - in der auch Kunst und Kultur nicht zu kurz kommen, zum Beispiel mit der ARRTPOP. Bald wird in der Gläsernen Manufaktur zu sehen sein, wie teilnehmende Labels ihre Produkte herstellen. Workshops zu verschiedenen Themen wird es ebenfalls geben. Wir sind natürlich auch dabei!

ekofair Nature Store, Obernstraße 39-43, 28195 Bremen

Welche Projekte in Bremen findest du momentan spannend?

Auf dem Domshof, inmitten der historischen Bauten, entsteht der Open Space Domshof. Geplant sind in den nächsten vier Monaten Veranstaltungen aus verschiedenen Bereichen: Musik, Kunst und Theater. Sehr gespannt bin ich auf die Rooftop Bar, die auf einem neun Meter hohen Gerüst entsteht. Perfekt, um einen Arbeitstag in besonderer Umgebung ausklingen zu lassen. Auch neu und eine richtig gute Idee ist die Ölf (die Elf), eine Straßenbahnlinie die seit Juni bis kurz vor Weihnachten alle 10 Minuten elf Haltestellen anfährt. Sie verbindet Innenstadt mit Hauptbahnhof und Bürgerweide. Zur besten Shopping- oder Besichtigungszeit zwischen 11 und 18 Uhr. Das Beste daran: sie ist kostenlos.

Bremen ist eine alte Handelsstadt mit jungem Flair. Wie verbindet die Stadt Alt mit Neu?

Die historische Innenstadt verströmt schon ein ganz besonderes Flair! Wer mag, kann das mit Shopping in den unterschiedlichsten Läden verbinden, anschließend in eines der vielen Cafés am und um den Marktplatz einkehren und zum Ausklang an die Schlachte zum Essen oder Trinken gehen. Das ist das Schöne an Bremen – alles innerhalb kürzester Zeit zu Fuß zu erreichen. Nicht zentral in der City gelegen, aber ebenso interessant finde ich den Hafen. Gerade hier verbindet sich das Alte mit dem Neuen exemplarisch. Auf dem ehemaligen Werft- und Industriegelände entstehen Wohnquartiere. Im HAG-Quartier, in das wir im September mit Produktion und Laden ziehen, finden sich immer mehr gläserne Manufakturen in historischen Gebäuden. Wir sind demnächst im ehemaligen Kaba-Gebäude ansässig - den Kakao habe ich als Kind geliebt. Tradition vereint sich mit dem Neuen. Für mich gibt es gerade nichts Schöneres als zu sehen, dass alte Gebäude erhalten werden und neue, innovative Unternehmen dort interessante Geschäftsideen umsetzen. Auch die Lebkuchen Manufaktur ist dort ansässig. Ebenfalls mit gläserner Manufaktur. Total spannend – und lecker.

Lebkuchen Manufaktur Bremen, Fabrikenufer 111, 28217 Bremen

Was zeigst du Freund*innen, die zu Besuch kommen?

Unesco Welterbe – das Rathaus und den Roland. Dann die Böttcherstraße. Hier gibt es neben der großartigen Architektur Kunsthandwerk und regionale Speisen. Das ist allerdings eine Touristenattraktion und immer sehr gut besucht. Genau wie der Schnoor, ein Viertel, in dem früher die Flussschiffer gelebt haben. Kleine, enge Gassen beherbergen heute Kunsthandwerksbetriebe, Cafés, kleine Museen, Restaurants und Antiquitätengeschäfte. Und ich würde mit meinen Besucher*innen eine Tour mit dem HafenBus durch Bremerhaven machen. Das ist eine Fahrt durch die HavenWelten, den Containerhafen, Fruchtumschlag, Werften und vorbei an der längsten Stromkaje Europas. Ich habe auch noch eine vierte Sehenswürdigkeit: natürlich das Weser Stadion.

Rathaus, Am Markt 21, 28195 Bremen
Rolandsstatue, Am Markt, 28195 Bremen
Weser Stadion, Franz-Böhmert-Straße 1, 28205 Bremen

Welches Kulturprogramm in Bremen und Umgebung steht bei dir am Plan?

Ich bin Kulturbanause und ein typisches Draußen-Kind. Aber ein paar Tipps habe ich schon: absolut sehenswert sind das Deutsche Auswandererhaus und das Klimahaus in Bremerhaven. Und in Bremen liebe ich das Übersee Museum. Das ist ein Völker-, Handels- und Naturkundemuseum direkt am Bahnhof. Gerade gibt es eine Sonderausstellung zum Thema Korallenriffe, für mich als Küstenkind und Meeresfan super interessant.

Deutsches Auswandererhaus, Columbusstraße 65, 27568 Bremerhaven
Klimahaus Bremerhaven, Am Längengrad 8, 27568 Bremerhaven
Übersee-Museum Bremen, Bahnhofsplatz 13, 28195 Bremen

1.200 Jahre Tradition – in Bremen gibt es sicher viele traditionelle, unabhängige Unternehmen so wie deinen Shop…

Ja. Und ich habe viel Kontakt zu anderen Gründern. Eine kleine Gruppe von Produzentinnen hat sich zum Erfahrungsaustausch und zur gegenseitigen Unterstützung sogar zusammengeschlossen. Super finde ich Yanna & Imke – Gründerinnen von Tizz & Tonic. Die Beiden nähen in Handarbeit mega-coole, bunte Unterwäsche aus Bio-Baumwolle. Ihr Studio befindet sich in Bremen Walle in einer ehemaligen Kneipe – der Tresen ist besonders klasse. Nicht zu vergessen die wunderbare Viktoria und ihr Label HUDDY mit der Charity-Kollektion „Home is where the moin is“. Sie näht ebenfalls in Handarbeit tolle Klamotten. Auch maßgefertigt, also ist für Jede/n abseits der Standardgrößen etwas dabei! Ihren Laden mit Nähstudio findet ihr in der Innenstadt in der Bischofsnadel. Viktoria unterstützt mit ihrem Label außerdem „die Tasse“, eine Anlaufstelle für Obdachlose in Bremen. Finde ich gut!

Tizz & Tonic, Bremerhavener Str. 41, 28217 Bremen
HUDDY, Bischofsnadel 12, 28195 Bremen

Nachhaltigkeit ist der Kern deines Unternehmens.

Ja, und zwar aus Überzeugung und nicht, weil es gerade modern ist. Wir verwenden zu 95% Bio-Rohstoffe, wenn möglich fair gehandelt. Bei uns werden alle Produkte in Handarbeit hergestellt, wir setzten selbstverständlich kein Palmöl ein, verzichten auf unnötige Füllstoffe. Unsere Verpackung ist minimal aus Recycling Papier. Du kannst auch unverpackt bei uns einkaufen, einige Produkte wie zum Beispiel die Shea Sahne und unser Deo, füllen wir nach. Wir versuchen, so viel wie möglich regional einzukaufen, um lange Lieferwege zu vermeiden. Außerdem verarbeiten wir Seifenreste weiter und machen daraus Putzseife. Die gibt es dann demnächst auch im Shop. Bei uns ist nichts in Stein gemeißelt, wenn es neue Möglichkeiten gibt, setzen wir die um. Das ist der Vorteil einer kleinen Manufaktur. Kurze Wege, schnelle Entscheidungen. Apropos kurze Wege: wir beliefern unsere Händlerkunden mit dem Rad.

Wer denkt ähnlich wie du?

Laura, Gründerin von Yummy Organics, bietet Bio Gewürze von Kleinbauern, fair gehandelt, an. Laura ist ausgebildete Gewürz-Sommeliere und besonders erwähnenswert finde ich, dass KundInnen den Preis bei Onlinebestellungen selbst bestimmen können. Das zeigt dann einmal mehr die Wertschätzung für ein hochwertiges, faires Produkt. Und dann gibt es noch Georgs Fairkauf. Georg verkauft Produkte aus wirtschaftlich benachteiligten Ländern. Diese Produkte werden unter strengen fairen Bedingungen hergestellt. Außerdem gibt es Lebensmittel und Kunsthandwerk in seinem Laden in Bremen Findorff.

Yummy Organics, Am Dobben 123, 28203 Bremen
Georgs Fairkauf, Hemmstraße 161, 28215 Bremen

Hansestadt Bremen: Erkundest du die Stadt auch mal vom Wasser aus?

Da gibt es großartige Möglichkeiten. Von der Hafenrundfahrt über Kanutouren bis zum Stand Up Paddeling. Beginnend am Martinianleger mit dem Schiff die Weser rauf oder runter und von der Wasserseite an der Bremer Flaniermeile, der Schlachte vorbei. Oder eine Tour durch den Industriehafen. Du kommst von der Wasserseite in einen Bereich, der sonst nicht öffentlich zugänglich ist. Am Werdersee wird von Ins Blaue Stand-up Paddeling angeboten. Auch eine interessante Variante, sich die Stadt vom Wasser aus anzusehen. Und deren Ansatz „draußen und glücklich“ ist einfach meiner.

Martinianleger, Martinistraße 12-16, 28195 Bremen
Ins Blaue, Huckelrieder Weg, 28201 Bremen

Dein Lieblingslokal?

Ich liebe das Maharani in Bremen Findorff, erste Anlaufstelle nach dem Lockdown. Unglaublich lecker, toller Service. Dort werden nordindische Spezialitäten serviert. In direkter Nähe zum Bürgerpark und zur ÖVB Arena kann ich einen Spaziergang oder Veranstaltungen mit gutem Essen verbinden.

Maharani, Findorffstraße 114, 28215 Bremen

Und wo frühstückst du am liebsten in Bremen?

Zum Frühstück gehe ich gern ins Haus am Walde im Bremer Stadtwald. Im Sommer kann man dort auch wunderbar abends bei Konzerten im Biergarten sitzen.

Haus am Walde, Kuhgrabenweg 2, 28359 Bremen

Was sind die Spezialitäten der Region – und wo sollten wir sie probieren?

Labskaus, Grünkohl und natürlich Fisch. Fisch nur frisch in Bremerhaven, zum Beispiel im Schaufenster Fischereihafen oder Krabben direkt vom Kutter in einem der kleinen Küstenorte (Dorum, Wremen) hoch bis Cuxhaven. Typisch für Norddeutschland: Grünkohl mit Pinkel, Kochwurst, Kartoffeln. Häufig wird das Grünkohlessen mit einer Kohltour verbunden und ist hier super beliebt: Grüppchen ziehen mit dem Bollerwagen durchs Land. Den Abschluss stellt dann das eigentliche Kohlessen in und um Bremen dar. Angeboten wird Grünkohl hier in vielen Restaurants. Ebenso typisch ist Labskaus, ein traditionelles Seefahrergericht. Entstanden sein soll das Gericht in der Zeit der Großsegler – es gab keine Konservierungsmöglichkeiten für die Lebensmittel. Zutaten wie Pökelfleisch, Speck, Kartoffeln und Zwiebeln waren dagegen gut zu lagern. Diese Zutaten werden gekocht und gestampft. Für die Spiegeleier, die zum Gericht gehören, sollen die Seefahrer sogar Hühner an Bord gehabt haben. Daneben werden als Beilage klassischerweise Bismarckhering, saure Gurken und Roter Beete gereicht. Das letzte Mal habe ich Labskaus in „der letzten Kneipe vor New York“ in Bremerhaven gegessen. Eine Seemannskneipe, sehr urig, sehr speziell im Kaiserhafen gelegen.

Schaufenster Fischereihafen, Am Schaufenster, 27572 Bremerhaven
Treffpunkt Kaiserhafen, Franziusstraße 92, 27568 Bremerhaven

Wohin gehst du auf einen gemütlichen Drink?

Die Schlachte direkt an der Weser ist natürlich der Hotspot, dort finden sich direkt an der Weserpromenade Restaurants und Bars. Ich mag es nach einem langen Produktionstag allerdings eher gemütlich. Sonst halte ich auf dem Weg vom Lädchen nach Hause gern am Diverso und treffe mich mit Freunden auf ein Getränk. Immer schön ist auch Port Piet, ein Biergarten am Torfhafen mit dem leckersten Flammkuchen der Stadt.

Diverso Restaurant, Münchener Straße 46, 28215 Bremen
Port Piet, Eickedorfer Str. 36, 28215 Bremen

Von Drinks zu Koffein. Wo legst du gern eine Kaffee-Pause ein?

Wir nennen das hier „kaffeesieren“. Wir ziehen im September mit unserer Produktion und dem Lädchen um ins HAG-Quartier. Sehr spannend mit ewig langer Kaffee-Geschichte! Passend dazu ist unser neuer Nachbar das Lloyd Café. Leckere Kaffee-Spezialitäten, Snacks, Frühstück. Übrigens hat die Rösterei, genau wie wir, eine gläserne Produktion. Kaffee-Seminare werden auch angeboten!

Lloyd Café, Fabrikenufer 115, 28217 Bremen

Thema Wellness: Wo entspannst du nach einem anstrengenden Arbeitstag?

Ich gehe regelmäßig zu Bali-Massagen in Bremen Findorff. Wenn ich samstags den Laden abgeschlossen habe, mache ich mich auf den Weg zu Ratmi. Sie hat einfach göttliche Hände. Von traditioneller Balinesischer Massage über Kräuterstempel und Thai Massagen bietet sie Entspannung pur. Einfach wunderbar und mein Start in das Wochenende.

Wellness-Massage Bali, Findorffstraße 103, 28215 Bremen

Bremen zählt zu den grünsten Großstädten Deutschlands. Wo finden wir die schönsten Oasen der Stadt?

Mein Favorit in der Woche ist sicher der Bürgerpark/Stadtwald. Er hat eine Fläche von über 200 Hektar. Mitten in der Stadt. Hier gehe ich auch häufig mit meinem Hund spazieren. Dort kann man rudern, es gibt über den ganzen Park verteilt Spielplätze. Gerade im Frühjahr, wenn es Nachwuchs gibt, ist auch das Wildtiergehege sehr beliebt. Meine Favoriten sind übrigens die Esel. Eine wunderbare Oase mitten in der Stadt. Traumhaft – besonders zur Blütezeit – ist auch der Rhododendron-Park. Neben den unglaublich vielen Varianten der Pflanze, ca. 550, gibt es dort die Botanika, ein grünes Science Center. Und ein Café zum Pause machen. Weiter im Norden Bremens findet sich Knoops Park. Direkt an der Lesum gelegen bietet der Park nicht nur einen wunderschönen Pflanzenbestand, im Rahmen der Kulturtage findet dort auch das Klassikfestival Sommer in Lesmona statt.

Rhododendron-Park Bremen, Deliusweg 40, 28359 Bremen

Da gibt es sicher auch schöne Radwege?

Für Radtouren bieten sich Tripps ins Umland an. Zum Beispiel über Bremen-Oberneuland durch die Wümmewiesen nach Fischerhude. Oder in das Künstlerdorf Worpswede. Wer fit ist, kann auch beides verknüpfen. Eine Kanutour ist auch fein. Start zum Beispiel in Lilienthal im Norden Bremens. Bei der Verleihstation der Kanu Scheune kann man sich für verschiedene Touren Boote leihen. Das Team holt die Boote dann an einem verabredeten Zielort später ab. Eine Tour entlang der alten Torfkahnwege auf der Hamme und der Wümme ist traumhaft schön. Ich liebe die Tour mit Ziel Haus am Walde, um nach einem Tag auf dem Wasser dort einzukehren und den Tag/Abend ausklingen zu lassen.

Kanu-Scheune, Hauptstraße 2, 28865 Lilienthal