Atelier Niederkofler: Ein Spitzenkoch geht neue Wege
Norbert Niederkofler trägt als Koch nicht nur drei Michelin-Sterne, sondern auch das Prädikat: nachhaltig. Auf seinen Teller kommt nur, was seine Südtiroler Heimat zu bieten hat. Als er vor 15 Jahren damit begann, galt er als Spinner, heute wird er als Visionär bezeichnet. Wie er seine Vision nun in der ehemaligen Direktorenvilla eines Stoffproduzenten auslebt, liest du hier.
Wenn die Wirkungsstätte eines Spitzenkochs wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist, kann er Urlaub machen – oder – wie Norbert Niederkofler, 62, neue Wege gehen. Für das Restaurant St. Hubertus im Aman-Partnerhotel Rosa Alpina in St. Kassian hat der im Ahrntal geborene Südtiroler mit drei Michelin-Sternen die höchste Auszeichnung erkocht. Entsprechend hoch kannst du deine Erwartungen an das neue Restaurant „Atelier Niederkofler“ in einer Villa auf dem Areal der Tuchfabrik Moessmer in Bruneck stecken.
Auch deshalb, weil das Restaurant als Ort der Begegnung und des Geschmacks neu gedacht wird: mit einem Aperitif-Zimmer, einer Bibliothek mit Büchern aus Niederkoflers Privat-Sammlung, einem großen Tisch für private Dinner, dem Speisezimmer und der offenen Küche in einem lichtdurfluteten Zubau aus Glas. Gegenüber befinden sich der Verkaufsraum und die Hallen der Tuchfabrik, die mit ihren außergewöhnlichen Stoffen Kunden wie Prada oder Gucci beliefert. In diesem stilvollen Ambiente wird Niederkofler sich nach Jahren in London, Zürich, Mailand, München, New York und im Hubertus seiner Heimat und ihren Lebensmittel-Produzent*innen verschreiben.
Unter dem Namen „Cook the Mountain“ hat er mit der Verwendung ausschließlich heimischer Produkte in seinen Restaurants schon vor 15 Jahren eine Ebene höchster Kochkunst erreicht. Als Nachhaltigkeit für die meisten Köche noch ein Fremdwort war, hatte der Südtiroler das Bedürfnis, sich nach den Auslandsjahren persönlich wie beruflich neu zu verwurzeln. Ein Grundprinzip dabei lautete: Was nicht in seiner Umgebung wächst, kommt nicht auf den Tisch. „100 Prozent Nachhaltigkeit gibt es aber nicht“, erklärt er. „Es geht einfach darum, so wenig Abfall wie möglich zu produzieren.“ So hat „The ethical Chef“, als der sich Niederkofler sieht, selbst für Fischschuppen Verwendung. „Wir haben uns einen Fisch auf den Tisch gelegt und gesagt, bis wir nicht alles aufgearbeitet haben, hören wir nicht auf.“ Gelernt hat er das auf seinen Reisen durch Asien, wo die Menschen täglich mit Meerestieren arbeiten. „Dort werden Fischschuppen frittiert. Bei manchen Arten sind die Schuppen zu dick, aber bei anderen funktioniert es.“ Auch Kartoffelschalen stehen beim Leaf-to-Root-Experten hoch im Kurs. „Daraus kann man hervorragende Chips machen.“
Im Atelier Niederkofler in Südtirol entwickelt der Chef seine Küche weiter und hat dazu alle Möglichkeiten. Statt zwei Saisonen wie im Hotelrestaurant St. Hubertus, bespielt er in Zukunft vier Jahreszeiten, nimmt dabei allerdings eine andere Rolle ein als bisher. „Es gab eine Zeit, in der ich sehr viel in der Küche gestanden bin. Ich werde meinem Team auch jetzt helfen, aber nicht mehr als Tormann oder Stürmer, sondern als Trainer.“ Der Meister will sein Wissen an Menschen wie Mauro Siega, 31, der sein Executive Chef wird, weitergeben. Oder an den Osttiroler Lukas Gerges, 30, der sein Restaurantleiter und Chef-Sommelier wird.
Dass im Atelier Niederkofler auch in Zukunft Kochgeschichte geschrieben wird, steht jetzt schon fest. Der Spitzenkoch betreut an der Universität Bozen nämlich den Lehrstuhl für Gastronomie und Önologie in Bergregionen. „Hauptsächlich geht es um Fermentation und Gärung.“ Zusammengearbeitet wird etwa mit dem Versuchszentrum Laimburg, das den genetischen Abdruck von 600 Apfelsorten gespeichert hat. „Es gibt 1200 bis 1300 Apfelsorten, wirtschaftlich genutzt werden aber nur 24. Früher hat es alte Sorten gegeben, auch bei den Birnen. Wenn sie im Herbst gepflückt wurden, waren sie ungenießbar, weil sie so sauer waren. Aber nach dem Lagern bis Februar oder März ist dir der Saft heruntergelaufen. Zu diesem alten Wissen müssen wir zurückkehren und die Bequemlichkeit ablegen.“
Anzunehmen, dass das „Atelier Niederkofler“ mit dieser Mission ebenso wie im St. Hubertus erneut drei Sterne erkocht. „Die gehören dann dem Restaurant und dem Team. Ich hatte das alles schon“, stellt Niederkofler klar. Auch bei ihm zuhause hat er das Kochzepter längst abgegeben. „Bei uns kocht meine Frau. Ein Teller Nudeln mit Tomatensauce ist mir am liebsten. Ich mag aber auch Milchreis mit meinen Kindern.“ Niederkoflers Söhne sind vier und zwölf Jahre alt und werden wohl in Zukunft anders essen als es die Menschen derzeit tun. „Wenn wir weiterleben wie bisher, gibt es irgendwann Probleme mit der Ernährungsbeschaffung. Heute sind wir acht Milliarden Menschen, 2050 werden es zehn Milliarden sein. Das geht sich irgendwann nicht mehr aus.“ Weniger Fleisch und mehr Gemüse lautet Niederkoflers Prognose. „So wie Menschen früher gegessen haben.“
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Walther-von-der-Vogelweide-Straße, 17, 39031 Bruneck
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